4. Eintrag: 6. September 2020

Heute haben wir den Tag für Crew-Training genutzt. Morgens hatten wir ein theoretisches Training. Da hab ich auch ein bisschen etwas zu Sea-Eye und seiner Organisation gesagt. Wenn man auf dem Schiff mitfährt bekommt man nicht unbedingt mit was alles an Land organisiert werden muss und andersrum. Daher freue ich mich nun “die andere Seite” kennenzulernen und den anderen auch näherzubringen.

Danach haben wir alle Positionen und mögliche Rettungsszenarien durchgesprochen. Wir haben z.B. ein Video von der letzten Mission im April gesehen haben, wo die “Libysche Küstenwache” dazwischenkam, die Situation eskalierte und sehr viele Menschen ins Wasser sprangen. Das ist dann eine echte Herausforderungen, ich bin aber sicher, dass wir nach einigen Trainings auch auf solche Situationen vorbereitet sein werden. Aber etwas Unerwartetes kann eben immer passieren.

Übrigens sah man an diesem Einsatz sehr gut die Arbeitsweise der Milizen, die sich “Libysche Küstenwache” nennen. Sie kamen mit einem Schnellboot an, haben uns und den Flüchtenden mit Maschinengewehren gedroht und versucht die Flüchtenden mit zurück nach Libyen zu nehmen. Denn dort können sie diese Menschen verkaufen, ihre Familien erpressen oder sie einfach so foltern.

Als aber die Menschen ins Wasser sprangen und klar war, dass sie zumindest kein “menschliches Kapital” aus der Situation schlagen konnten, haben sie seelenruhig gewartet bis wir das Boot evakuiert hatten und dann das Boot übernommen und mit zurück nach Libyen genommen, um zumindest das Boot zu verkaufen, wenn schon nicht die Menschen.

Wir sprechen bei allen Trainings möglichst viele Situationen durch und versuchen uns auf alles vorzubereiten, auch wenn wir hoffen, dass es nicht zum Worst Case kommt, dass z.B. Menschen bei der Rettung ertrinken oder aus anderen Gründen nicht zu retten sind.

Heute Nachmittag haben wir dann verschiedene Situationen geprobt. Zuerst sind wir einen Feueralarm und die letzte aller Maßnahmen, das Verlassen des Schiffes, durchgegangen und danach sind wir mit den RHIBs, unseren Beibooten rausgefahren und haben uns an diese gewohnt. Als Menschenrechtsbeobachter werde ich zwar während der Rettungen auf der Brücke stehen und die Situation beobachten und dokumentieren, trotzdem durfte ich das RHIB auch mal fahren und das hat viel Spaß gemacht.

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