23. September: 4. Tag im Standoff
Wir
sind nun auf dem Weg nach Marseille.
Weder
Italien noch Malta noch Deutschland sind ihrer Aufgabe, die Rettung
zu koordinieren nachgekommen und wir fahren in den nächsten Tagen
Richtung Frankreich.
https://sea-eye.org/alan-kurdi-setzt-kurs-auf-frankreich/
Die Stimmung an Bord ist ganz gut, aber wird natürlich immer belasteter je länger der Standoff dauert. Wir haben heute Kartenspiele und ein paar andere Spiele ausgeteilt und das kam gut an und hat die Leute beschäftigt. Ich habe auch ein paar Mal Schach spielen können.
Was die Geretteten mir in den Interviews, die ich mit ihnen mache, erzählen ist echt bedrückend und erschreckend. Einige haben gesehen, wie Freunde erschossen wurden, andere wurden selber ins Gefängnis gepackt und haben mir Wunden aus den Camps gezeigt. Häufig werden Menschen festgehalten und erpresst, wenn sie oder ihre Familie nichts bezahlen, werden sie erschossen.
Die Zustände, die ich aus den Camps höre, lassen mich nicht los und ich versuche vorsichtig herauszufinden, wie es dort so abläuft. Ein Gast sagte mir heute, dass das Essen, das wir hier auf der ALAN KURDI verteilen (morgens Reis, abends Couscous), in den Camps für 5 Personen reichen muss. Gestern hat mir ein Gast ein Video aus einem Camp gezeigt. Man kann nicht viel sehen, aber die Baracken in den die Menschen schlafen, haben mich direkt an die KZs erinnert, die ich bisher besucht habe..
Wenn man darüber nachdenkt, was die Augen von den Kindern, mit denen wir spielen, schon alles gesehen haben, dann ist das schon echt hart.
Auf der anderen Seite ist es schön zu sehen, dass die Menschen glücklich darüber sind in Sicherheit zu sein. Wir können ihnen durch unsere Rettung und die Musik, die wir mit ihnen machen, und die Spiele, die wir spielen, Hoffnung und Vertrauen geben, die sie im Moment dringend brauchen.
Die Gäste, die ich schon ein bisschen näher kennenlernen konnte, sind wirklich wunderbare Menschen, die sehr freundlich und hilfsbereit sind.
Nun noch eine Antwort auf eine Frage:
Wie versorgt ihr die Menschen?
Wir
haben einen großen Vorrat und Riesen-Töpfe. Morgens gibt es
Couscous, abends Reis. Mittags kriegen unsere Gäste außerdem einen
kleinen Snack und Saft oder Tee.
Logistisch
ist das natürlich eine Riesensache, aber das klappt wirklich super
in der Crew. Wir haben dafür eine extra Schicht.
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