11. Eintrag: 13. September

 

Diesen Ausblick hab ich aus den Luken festgehalten. Es ist unglaublich toll auf dem Wasser unterwegs zu sein und ich fühle mich sehr wohl an Bord.

Wir kommen der SAR-Zone näher und bereiten uns weiter gut vor. Heute haben wir wieder ein Decktraining gemacht – die Abläufe sitzen mittlerweile sehr gut.
Außerdem haben wir nochmal lange darüber gesprochen, wie wir das Standoff handlen wollen. Wenn wir viele Menschen retten sollten, wird das eine extrem anstrengende Zeit. Ich bin sehr gespannt, wie das wird, auf einmal noch viele Gäste an Bord zu haben und freue mich, die Menschen kennenzulernen.

Zudem haben wir besprochen, wie wir mit der „Libyschen Küstenwache“ umgehen, falls sie uns bedrohen sollte. Dann müssen wir sehr vorsichtig sein. Bei der letzten Mission im April und im vergangenen September kamen sie uns bei Rettungen dazwischen und haben mit ihren Maschinengewehren in die Luft geschossen.
https://www.dw.com/de/sea-eye-alan-kurdi-bei-rettung-von-libyern-bedroht/a-51001228

Damit ihr unsere Crew noch besser kennenlernt, nutze ich die Nachtschicht, die ich gerade mit Thorsten habe, um euch ein paar weitere Crew-Mitglieder vorzustellen.
Wir fahren übrigens gerade auf ein Gewitter zu, das sieht super spektakulär aus!


Als erstes unsere Köchin: Vera ist mit 24 das Küken an Bord. Sie studiert Medizin in Gießen und engagiert sich neben dem Studium viel in der Kirche. Mit jeweils 2 Personen Unterstützung bereitet sie für uns Mittag- und Abendessen zu. Eine wirklich anstrengende Aufgabe, deshalb hab ich großen Respekt davor, wie Vera das macht. Das Essen ist wirklich sehr lecker bisher, wir hatten u.a. Bolognese, Curry, Überbackene Aubergine und Risotto. 12 von 20 essen an Bord vegetarisch, für die anderen wird bei einigen Mahlzeiten Fleisch dazu bereitet.

 

Vera ist eine sehr offene und hilfsbereite Person, mit der ich sehr gut klar komme. Während der Rettung hilft sie erst beim Kranen der RHIBs (die müssen mit zwei Leinen festgehalten werden, damit sie nicht rumschleudern während sie zu Wasser gelassen werden) und ist dann bei der Ankunft der Gäste für den Security-Check bei den Frauen zuständig. Außerdem nimmt sie den Gästen die verbotenen Gegenstände (Tabak, Feuerzeug, Messer, etc.) ab, die wir am Ende der Zeit an Bord wieder aushändigen. Nach der Rettung kommt dann für Vera wie für die ganze Crew die anstrengendste Zeit, da wir für die Gäste und uns dann zweimal am Tag warm kochen (morgens und abends). Wir werden in der Zeit die gleichen Mahlzeiten wie unsere Gäste zu uns nehmen (Vermutlich viel Reis und Couscous, je nach Zahl der Gäste), alles andere fände ich auch extrem befremdlich.

Als nächstes möchte ich euch Joris vorstellen: Joris ist 28, kommt aus Ostfriesland und wohnt in Leipzig. Dort studiert er ab Oktober Medien & Kommunikation und ist daher auch als FMC (Field Media Coordinator) mit an Bord. Alle schönen Bilder, die ihr von mir bekommt, sind von ihm, alle anderen von mir.
Da ich mit Joris zusammen schon bis nach Spanien gefahren bin, kenne ich ihn noch besser als die anderen und zum Glück ist er ein dufter Typ, mit dem man viel Spaß haben kann. Das ist vor allem hilfreich, da ich eng mit ihm zusammenarbeite und ihn bei seiner Arbeit unterstütze.

Hier ein paar Bilder von Joris bei der Arbeit (andere gibt es von ihm nicht, außer unser Crew-Foto, das ihr auf Social Media bei Sea-Eye findet).

Als letztes für heute stelle ich euch Edward vor, den wir alle nur Eddie nennen. Er ist zusammen mit Richard schon für längere Zeit auf der Aquarius von SOS Mediteranée mitgefahren und hat viel Erfahrung in der Seenotrettung. Er kommt aus Cape Coast in Ghana, wo er mit seiner Familie lebt.

Eddie ist immer gut gelaunt und trotzdem fokussiert und bringt viele gute Anmerkungen ein.

Während der Rettung ist er unser Deckmanager. In dieser Rolle koordiniert er alles, was auf dem Main-Deck passiert, insbesondere das Kranen der RHIBs und das Willkommen-Heißen der Geretteten. Außerdem wirft er mit ein paar Helfer*innen das Centi-Float zu Wasser, falls es gebraucht wird. Das ist ein ca. 10m langes Luftkissen, welches wir ins Wasser werfen können, damit sich die Menschen daran festhalten können – das hat auch psychologisch einen großen Effekt. (Bild reiche ich euch nach.)  Super, dass diese Position von jemand so Erfahrenen besetzt werden kann.


Oh, was ich am Ende nicht vergessen habe. Wir haben heute zum ersten Mal Delfine gesehen. Also ich eigentlich nicht, aber ein paar von den anderen. Ein Foto gibt es nicht, aber vllt sehen wir die Tage ja nochmal welche.

Liebe Grüße vom Wasser

Euer Kai



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